André Zechmann lächelt die Dame ihm gegenüber an und meint „gleich haben wir’s“, dabei wird sein Grinsen noch breiter. Vielleicht weil er diesen Satz seinem Gegenüber am heutigen Tag nicht zum ersten Mal sagt. Seit über sieben Stunden sitzt die Kundin schon am Sessel des bekannten Tätowierers – endlich, nach zwei Jahren Wartezeit.
Und das ist keine Ausnahme – mindestens 1 ½ Jahre wartet man momentan bis man einen Termin bekommt. André Zechmann ist ein gefragter Mann. International. Seine Kunden kommen nicht (unbedingt) aus der Umgebung. Sie reisen extra an und nehmen dafür viele Kilometer auf sich.
Phönix Tattoo zum Facebook-Hit
Spätestens durch sein Phönix Tattoo hat sich André Zechmann auch bei nicht Tätowierten einen Namen gemacht. Der Vogel, der auf dem Rücken einer Dame mit den Flügeln schlägt und es scheint als wolle er abheben, wurde zum „must see“ in den sozialen Medien.
39 Millionen Aufrufe alleine auf Facebook
Wer einen Termin beim Mitterberger will, wählt ihn aber nicht nur aufgrund seiner Bekanntheit. Seine genaue und saubere Arbeitsweise sprechen für ihn und vor allem, dass er Tätowierungen zaubert, die ansonsten nicht viele machen und auf diesem Niveau umsetzen können.
Realistic Tattoos auf höchstem Niveau
Der Steirer hat sich seit geraumer Zeit auf großflächige Realistic Tattoos spezialisiert. „Angefangen habe ich wie viele mit Sternchen & Schriften, aber mir taugen die Realistic-Sachen. Da geht es viel um das zeichnerische Können, natürlich in Verbindung mit dem Handwerk “, so der ehemalige Grafiker, den seine Freunde aufgrund seines begnadeten Zeichen-Talents zum Tätowieren gebracht haben.
Gerade am Anfang war es für ihn eine Überwindung, anderen Menschen mit seinem Handwerk Schmerzen zuzufügen. Mittlerweile weiß er aber damit umzugehen und ist für sein Gegenüber oft ein wichtiger Motivator.
Qualität steht im Vordergrund
„Man muss sich in seine Kunden hineinversetzen. Bei vielen ist der richtige Schmäh die Motivation, so eine Sitzung dauert schon lange und da ist Durchhaltevermögen gefragt“, weiß der Tätowierer, dass er sich auf sein Gegenüber bestmöglich einstellen muss und dies Gott sei Dank auch kann.
Die Szene hat sich allgemein verändert. Waren es früher wilde Typen die man aufgesucht hat, so wird heute Qualität erwartet. „Damals hat man sich aus der Mappe was ausgesucht, wie es ausgesehen hat war oft egal. Das Prozedere, sich tätowieren zu lassen, war das Erlebnis.“
In der Lederhose auf Tattooconventions
Doch nicht nur durch das Tätowieren hat sich André Zechmann einen Namen gemacht. Seine Steirerjogger und veganen Lederhosen erfreuen sich großer Beliebtheit. „Ich war einer der ersten, der in der Lederhose auf Tattooconventions aufgetaucht ist, bald haben es viele nachgemacht. Dann wollte ich etwas Besonderes – eine Lederhose mit Totenköpfen. Diese Idee ist gut angekommen und so kam eines zum anderen.“
Als Fashion-Designer will er sich aber nicht bezeichnen. „Ich bin ein Getriebener, der unter Strom steht. Ich brauch immer neue Herausforderungen und es ist natürlich cool, wenn etwas erfolgreich läuft“, so der Künstler über seinen Ehrgeiz.
Ein Tätowierer als Künstler und Handwerker
Ganz treffend ist die Definition Künstler jedoch nicht. „Ich selbst bezeichne mich gerne als Kunst-Handwerker. Denn das ist es eigentlich. Wenn man eine Tätowierung gestaltet, ist dies natürlich künstlerisch. Das Tätowieren selbst ist aber ein Handwerk.“
Solche gewaltigen Tätowierungen wie sie der Ennstaler heute macht, wären vor einigen Jahren noch gar nicht möglich gewesen. „Das Material hätte es nicht zugelassen. Auch vor sechs Jahren haben Realistic Tattoos noch nicht so ausgesehen wie heute. Heute gibt es Nadeln in den verschiedensten Stärken, eigene Farben für Linien zum Schattieren.“
Der „Heimat-Tätowierer“ vom Mitterberg
Die feinere Arbeit ermöglicht natürlich auch andere Motive. Unter anderem waren auch schon Landschaften, Traktoren und dergleichen dabei. „Das hat mir den Beinamen „Heimat-Tätowierer“ gebracht, aber das finde ich eigentlich sogar ganz schön“.
Schön ist auch das Tattoo am Oberschenkel der Kundin geworden – ein Wolf mit einem davor knienden Engel. Während diese hochzufrieden mit ihrem langersehnten Tattoo das Studio verlässt, stellt sich der Perfektionist Zechmann, wie nach jeder fertigen Tätowierung, die Frage: „Hätte ich es noch besser machen können?“